(Text Iserlohner Kreisanzeiger und Zeitung)Iserlohn. Als vollen Erfolg bewertet Freddy Klahold, Vorsitzender der Selbsthilfegruppe Schlafapnoe Iserlohn, den 1. Iserlohner Schlafkongress, der am Samstag, 28. Mai 2016 im Parktheater stattgefunden hat.
Momente, die sich zu einer Ewigkeit dehnen
„Es waren Sekunden, aber für mich war es eine unglaublich lange Zeit“, erinnert sich Dieter Wahl an die fatalen Folgen seines Sekundenschlafs, „glücklicherweise ist dabei kein Mensch zu Schaden gekommen, weil kaum jemand unterwegs war“. Wenig später wird bei ihm Schlafapnoe diagnostiziert, seither engagiert sich Wahl, um über die Krankheit aufzuklären – so auch am Samstag, als der stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbandes Schlafapnoe Deutschland (BSD) als Teilnehmer einer Podiumsdiskussion beim 1. Iserlohner Schlafkongress im Parktheater auftrat.
Auch Polizeihauptkommissar Andreas Filthaut zählte zu der Runde, die im Löbbeckesaal über die Gefahren des Sekundenschlafs sprach. Wissenschaftlich haltbare Zahlen gebe es nicht, räumte Filthaut ein, Schätzungen jedoch besagen, dass etwa jeder dritte Unfall auf Fernstraßen auf das spontane Einnicken des Fahrers zurückzuführen sein könnte. „Es kommt sehr häufig vor, dass meine Kollegen bei der Aufnahme des Geschehens keinen Grund für die Unfallursache erkennen können. Und kein Fahrer, wenn man ihn denn noch befragen kann, gibt zu, dass er eingeschlafen ist.“ Dieter Wahl warnt derweil vor dem Irrglauben, dass frische Luft oder laute Musik helfen könnte, den Sekundenschlaf am Steuer zu verhindern. „Das zögert das Unvermeidliche nur heraus. Wenn sie müde sind, werden sie einschlafen. Fahren sie von der Straße, trinken sie einen Kaffee, machen sie dann für 15 Minuten die Augen zu, das ist das einzige, was überhaupt hilft.“
Lange wurde die Schwere von Gesundheitsschäden durch ungesunden Schlaf eher stiefmütterlich behandelt. Zu Unrecht, betont BSD-Bundesvorsitzender Werner Waldmann, der den Schlafkongress im Theater moderierte.
Unbehandelte Schlafapnoe etwa stehe sehr häufig im Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Herzinfarkt, aber auch Schlaganfällen, Depressionen, Diabetes oder Stresserkrankungen. „Es gibt mittlerweile rund eine Million behandelte Patienten in Deutschland, Schätzungen sagen, dass etwa drei bis vier Prozent der Bevölkerung an Schlafapnoe leiden“, verweist Waldmann zudem darauf, dass die nächtlichen Atemaussetzer als Volkskrankheit zu bewerten sind. „Der Atem setzt bis zu drei Minuten aus, bis das Hirn Alarm schlägt. Das kann bis zu 30 bis 40 Mal pro Nacht geschehen, verbunden mit extrem hohem Blutdruck, so dass das Herz Schwerstarbeit leisten muss“. Menschen, die unter Tagesmüdigkeit leiden, aber keine Erklärung für ihren Zustand haben, forderte der Fachmann auf, Kontakt zu ihrem Hausarzt aufzunehmen, um letztlich von Fachärzten diagnostische Gewissheit darüber zu erlangen, ob sie betroffen sind. „Ein Besuch im Schlaflabor tut nicht weh.“ Und die Behandlungsmöglichkeiten der Krankheit werden immer ausgefeilter, bis hin zur telemedizinischen Betreuung von Patienten. Auch auf Seiten der Fahrzeughersteller ist die Sensibilität für das Thema größer geworden. Neben den gängigen Assistenzsystemen, die den Fahrer per Warnton darauf aufmerksam machen, wenn sein Fahrzeug die Spur verlässt, könnte demnächst auch die Pupillenmessung zur automobilen Standardausrüstung zählen. „Diese Systeme gibt es, auch wenn sie noch in der Experimentierphase sind und viele Spediteure aus Kostengründen nicht darauf zurückgreifen“, weiß Werner Waldmann.
Klahold kündigt schon eine Neuauflage an
Dieter Wahl schläft seit dem Zeitpunkt der Diagnose seiner Krankheit mit einer an ein sogenanntes CPAD-Gerät angeschlossenen Atemmaske, die ihm nachts Luft verschafft. Und er hat seinen Lebensrhythmus verändert. Termine haben nicht länger die absolute Kontrolle über sein Leben, sagt der Berufskraftfahrer, der in einer Branche arbeitet, in der Pünktlichkeit von immenser Bedeutung ist: „Mittlerweile pfeife ich auf einen Termin, wenn ich feststelle, dass es nicht mehr geht. Auch wenn der Kunde sich aufregt: Es ist besser, ich komme eine halbe Stunde später an als gar nicht.“ Und eine solche Einschätzung, basierend auf etwas gesundem Egoismus, befürwortet letztlich auch Hauptkommissar Filthaut: „Achten sie mehr auf sich!“
Kongress-Veranstalter Freddy Klahold, Vorsitzender der Selbsthilfegruppe Schlafapnoe Iserlohn, zeigte sich am Ende des Tages höchst zufrieden. Sowohl die Publikumsresonanz als auch die Qualität der Referenten beim 1. Iserlohner Schlafkongress seien ausgezeichnet gewesen.. „Bis zum letzten Vortrag war der Saal voll besetzt, das war ein toller Erfolg.“ Und weil die Selbsthilfegruppe mit dem ersten Schlafkongress offenbar einen Nerv getroffen hat, sei eine Neuauflage der Veranstaltung mehr als wahrscheinlich, so Freddy Klahold.
Alle Bilder: SHG FK