Urteil: Elektronische Gesundheitskarte ist verfassungsgemäß – Foto ist Pflicht

Urteil: Elektronische Gesundheitskarte ist verfassungsgemäß – Foto ist Pflicht

Rund fünf Prozent der 70 Millionen gesetzlich Versicherten haben noch keine elektronische Gesundheitskarte, auch aus Sorge um den Schutz ihrer Daten. Ein Urteil bestätigt nun die Verpflichtung der Versicherten zur Mitwirkung.

Gesetzlich Krankenversicherte sind ab dem 01.01.2014 verpflichtet, zum Nachweis ihres Versicherungsschutzes die elektronische Gesundheitskarte (eGK) zu benutzen. Dies geht aus einem Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 07.11.2013 hervor. Demnach besteht kein Anspruch gegen die Krankenkassen auf Ausstellung eines anderweitigen Versicherungsnachweises. Sowohl die Nutzungspflicht als auch die Speicherung der Personaldaten auf der Karte seien durch ein überwiegendes Interesse der Versichertengemeinschaft gedeckt. Sie sicherten eine effektive Leistungserbringung und Abrechnung. Das obligatorische Foto erleichtere die Identitätskontrolle und verhindere damit einen Missbrauch der Karte.

Verpflichtende Einführung zum 01.01.2014

Ab Januar 2014 wird die Nutzung der seit Jahren umstrittenen neuen Gesundheitskarte Pflicht für alle Versicherten (vgl. „Links zum Thema“). Bereits seit einigen Monaten wehren sich Versicherte vor allem wegen datenschutzrechtlicher Bedenken auch vor dem Sozialgericht Berlin gegen die Einführung der Karte. Bisher wurden die entsprechenden Rechtsschutzanträge wegen fehlender Dringlichkeit abgewiesen; nun lehnte das Gericht einen Antrag erstmals auch aus inhaltlichen Gründen ab.

Der in Berlin wohnende Antragsteller war noch im Besitz einer alten Krankenversichertenkarte, die zum 30.09.2013 ungültig wurde. Trotz mehrfacher Aufforderung weigerte er sich, seiner Krankenkasse zur Anfertigung der neuen elektronischen Gesundheitskarte die angeforderten Personalangaben und ein Lichtbild zu übersenden. Zur Begründung gab er an, die „biometrisch angelegten Krankenkarten“ nicht nutzen zu wollen und verwies auf die dagegen erhobene öffentliche Kritik. Am 21.10.2013 rief der Antragsteller im Rahmen eines Eilverfahrens das Sozialgericht Berlin an. Er beantragte, die Krankenkasse zu verpflichten, ihm eine Bescheinigung über seinen Versicherungsschutz auszustellen, die er anstelle der eGK bei seinen Ärzten vorlegen könne.

Gericht bestätigt Pflicht zur Nutzung der eGK

Mit Beschluss vom 07.11.2013 wies die 81. Kammer des Sozialgerichts Berlin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurück. Der Antragsteller sei gesetzlich verpflichtet, ab dem 01.01.2014 zum Nachweis seines Versicherungsschutzes die eGK zu nutzen. Diese Nutzungspflicht beschränke zwar die allgemeine Handlungsfreiheit des Antragstellers, sei jedoch durch das Interesse der Solidargemeinschaft an einer effektiven Leistungserbringung und Abrechnung der Behandlungskosten gerechtfertigt. Der Antragsteller sei auch zur Mitwirkung verpflichtet. Ohne die Übersendung der Personaldaten und eines Lichtbildes könne die Krankenkasse seine Karte nicht erstellen.

Foto-Pflicht verletzt keine Rechte der Versicherten

Bei der Erweiterung der Krankenversicherungskarte zur eGK ändere sich nichts am Umfang der Daten, die zwingend auf der Karte enthalten seien. Weder die Speicherung dieser Daten noch das Foto verletzten das Sozialgeheimnis des Antragstellers oder sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (abgeleitet aus Art. 2 Abs. 1 und 1 Abs. 1 Grundgesetz). Das Allgemeininteresse an der Darstellung des Lichtbildes und der Speicherung der Daten überwiege erheblich das Individualinteresse des Antragstellers. Der damit verbundene Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung müsse hingenommen werden. Die zwingend anzugebenden Personaldaten beträfen keine höchstpersönlichen oder sensiblen Verhältnisse des Versicherten. Das Versicherungssystem könne im übrigen nur funktionieren, wenn sich alle Versicherten bei der Inanspruchnahme von Leistungen ausweisen würden.

Gesetzliche Grundlage/Ausnahme für das LichtbildNach § 291 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch V muss die Krankenversichertenkarte neben der Unterschrift ein Lichtbild des Versicherten enthalten. Ausgenommen von dieser Foto-Pflicht sind nur wenige Versicherte: Kinder unter 15 Jahren müssen kein Bild einreichen; gleiches gilt für Menschen, deren Mitwirken bei der Erstellung des Lichtbilds nicht möglich ist, also zum Beispiel im Zuge einer Pflegebedürftigkeit.


Erweiterte Kartenoptionen noch nicht relevant

Der Umstand, dass die elektronische Gesundheitskarte technisch geeignet sei, weitere Angaben und Funktionalitäten aufzunehmen, stehe der Nutzung nicht entgegen. Zum einen seien diese erweiterten Möglichkeiten noch gar nicht eingeführt. Zum anderen sei die erweiterte technische Nutzung laut Gesetz nur bei entsprechender Zustimmung der Versicherten zulässig.

Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Er kann vom Antragsteller mit der Beschwerde bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in Potsdam angefochten werden.

SG Berlin, Beschluss v. 07.11.2013, Az. S 81 KR 2176/13 ER

 

Über Freddy Klahold

1. Vorsitzender der Selbsthilfegruppe Schlafapnoe/Atemstillstand Iserlohn e.V
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